Tischgedeck

Die Geschichte des Emshaus

Das Emshaus serviert zum Dessert auch eine Portion Baugeschichte

Seit dem 21. Juni 1997 gibt es im Rhedaer Teil des ehemaligen Gartenschaugeländes eine attraktive Gastronomie: das reizvoll gelegene „Emshaus“ zwischen Rosengarten und Schlosspark.

Lange Zeit führte das Emshaus ein abgeschiedenes, gut bewachtes Dasein. Den letzten Bewohnern, britischen Offizieren, mag das angenehm gewesen sein, für die Rhedaer Bürger blieb das Haus unzugänglich und verschlossen, nur wenige kennen seine Geschichte.

Sie beginnt eigentlich schon 1936, als Carl Fastenrath, Teilhaber der Textilfirma Rawe & Co. In Nordhorn, als Betriebsleiter der Firma Gebrüder Weinberg nach Rheda kam. Die Nordhorner hatten die Rhedaer Firma, von dem zur Auswanderung gedrängten Juden Weinberg, günstig erworben. Fastenrath bewohnte zunächst die ehemalige Villa Weinberg an der Wilhelmsstraße. Er erwies sich in Rheda als überzeugter Nationalsozialist und wurde später Kreiswirtschaftsführer. Für schöne Wohnlage hatte er offensichtlich einen guten Blick, und so erwarb er 1938 das Grundstück direkt an der Ems nahe dem Schlosspark von der Familie Kalthoff-Buchheister. Auch sein Architekt, ein Herwig aus Frankfurt, war wohl von der Lage begeistert. Er entwarf ein Haus, das in die Landschaft passt und das den Zeitgeist und das Selbstbewusstsein des Bauherrn spiegelt.

Zu den Außenanlagen gehört ein großer Park mit weitflächigem Rasen, einer Randbepflanzung und hohen Einzelbäumen. An der Nordost-Seite befand sich ursprünglich ein Nutzgarten mit Obstbäumen. Er wird von einer Pergola begrenzt.

Das Raumprogramm ist für ein Einfamilienhaus ausgesprochen großzügig angelegt. Neben dem saalartigen Kaminzimmer sind mit einer großen Küche, Esszimmer, Herrenzimmer, Wintergarten, vier Schlafzimmern, zwei Badezimmern und Bedienstetenräumen großbürgerliche Standards verwirklicht. Hier wollte sich eine Familie mit gesellschaftlicher Bedeutung entfalten.

Die Innenausstattung ist „gediegen“, wie man landläufig sagt. Die Parkettböden im Kamin- und Esszimmer sind durch farblich unterschiedliche Hölzer wie Einlegearbeiten gestaltet. Eichenbalken als Deckendekor, ein offener Kamin mit Delfter Kacheln, massive Eichentüren und Wandverkleidung sowie ein handgeschmiedetes Treppengeländer und Ziergitter im Haustür-Oberlicht dokumentieren den Wunsch, repräsentativ, bodenständig und für die nächsten Jahrzehnte zu bauen.

1945 mußte die Familie Fastenrath auf Befehl des amerikanischen Stadtkommandanten das Haus verlassen. Heinz Löwenstein, vom Vater her jüdischer Abstammung, wurde für drei Monate zum Bürgermeister der Stadt Rheda ernannt und erhielt das Haus als Amtssitz zugewiesen. Löwenstein und die Herren Brill und Bruchholder versuchten als Vertreter einer kleinen wiedererstandenen Judengemeinde, das Landhaus als Ersatz für die niedergebrannte Synagoge zu reklamieren. Das große Kaminzimmer sollte Beetsaal werden. Die nun beginnende Auseinandersetzung zwischen der neuen Stadtverwaltung und der Firma Rawe (anstelle von Fastenrath) einerseits sowie den genannten Judenvertretern andererseits ist sicher kein gutes Beispiel für eine auf Versöhnung und Ausgleich gerichtete Grundeinstellung nach dem Kriegsende. An einem mangelnden „Rechtsanspruch“ scheiterten die Bemühungen der Antragsteller.

1948 übernahmen die Briten das Gebäude für führende Offiziere ihrer Streitkräfte. Der Kommandant des Gütersloher Flughafens und hohe Offiziere der Bielefelder Garnison haben hier mit ihren Familien gewohnt. 1955 kaufte die Bundesrepublik das Haus von der Firma Rawe, die Nutzung durch die Briten blieb bis 1994 bestehen. 1995 erwarb die Stadt Rheda-Wiedenbrück das Anwesen vom Bund und schuf die Voraussetzung zu einem Restaurant mit deutlich eigener Note.

Am 21. Juni 1997 öffnete das Café und Restaurant Emshaus zum ersten Mal seine Türen für alle Bürger als Ort zum Genießen und Erholen. Wer heute in den ehemaligen Privaträumen der Villa Fastenrath diniert oder auf einer der Terrassen seinen Kaffee trinkt, kann seinen Genuß überhöhen, indem er sich das Haus als Dokument unserer jüngsten Geschichte vergegenwärtigt.

Der „standesgemäße“ Entwurf von 1939 endete als Beute der Siegermächte, die den schlichten Namen „Emshaus“ einführten. Fast wäre die Villa ein Beispiel für die Wiedergutmachung des Unrechts an den Rhedaer Juden geworden. Nun können sich alle Emshausgäste an dem Haus erfreuen. – Wie sich das Rad der Geschichte so dreht.

Text: Auszug aus dem Heimat-Jahrbuch Kreis Gütersloh 1998, Autor Jürgen Kindler

Restaurant Emshaus

Gütersloher Straße 22
33378 Rheda-Wiedenbrück
05242-40 60 400
info@emshaus-rheda.de

Öffnungszeiten

Mittwoch bis Samstag

Küche
18.00 – 22.00 Uhr

Sonntag

Küche
12.00 – 14.00 Uhr
18.00 – 22.00 Uhr

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